Vom Konzert zur mobilen Flashmob-Party
Die Zukunft des Live-Geschäfts ist offen für Ideen
Noch gibt es Grenzen, auch für das Internet. Konzerte sind für viele Menschen etwas Besonderes, eine musikalische Erfahrung, ein in Erfüllung gegangener Traum, ein Moment, in dem man einen Blick erhascht oder für eine kleine Weile eine besondere Stimmung erlebt und nicht wieder vergisst. Während der physische Tonträger als Verbreitungsmedium um sein Überleben kämpft, erlebt das Konzertgeschäft derzeit zumindest auf den ersten Blick einen Boom. Noch ist das Gefühl, leibhaftig vor einer Bühne zu stehen und seinem Lieblingskünstler beim Musizieren zuzuschauen, nicht durch ein kräftiges Datenpaket zu ersetzen.
Hat sich das Live-Konzert zur einzig verlässlichen Einnahmequelle für Künstler und Branche entwickelt? Lassen sich damit wirklich ausbleibende Plattenverkäufe kompensieren? Aber klar doch, könnte man sagen: Man muss doch bloß mal auf die Revival-Touren des letzten Jahres schauen – oder auf die Ticketpreise von Madonna.
Die Konzertgänger sind natürlich Teil des Systems. Eine Mitschuld an der Situation kann man ihnen nicht absprechen, die Nachfrage nach Megakonzerten besteht ja offensichtlich. Noch. Auf der anderen Seite ist nicht mehr viel Interesse und Neugier in Bezug auf unbekanntere oder eigenwilligere Künstler auszumachen. Man geht offensichtlich nicht mehr so oft auf gut Glück auf ein Konzert in seinen Lieblingsclub und lässt sich überraschen von der experimentierfreudigen Band aus – sagen wir mal – Unterengstringen.
Schade ist, dass alle Protagonisten lediglich reagieren. Dabei wird es Zeit, zu agieren und neue Ideen ins Spiel zu bringen, wie man mit der Situation umgehen kann und wie sich künftig eine funktionierende Live-Branche mit Vorteilen für alle Seiten garantieren lässt? (Pop Up diskutiert, welche Perspektive das Konzertgeschäft hat und wer davon künftig auf welche Weise partizipieren kann. Viele Fragen sind offen: Werden die medialen Möglichkeiten doch noch stärker in Form von – beispielsweise – Konzertmitschnitten in exzellenter Qualität auf diesen Bereich übergreifen? Welche Wege kann die Entwicklung überhaupt noch einschlagen?
Es diskutieren:
Julia Gudzent (Intro/Melt!-Festival), Tino Hanekamp (Übel&Gefährlich), Severin Most (City Slang),
Moderation:
Friedrich Pohl (Welt am Sonntag)