Ausstellung
Persona Non Grata – 77 Siege über Raster und Kleingeist
77 Ausgaben Persona Non Grata, (fast) 20 Jahre Zine, dem man – wahlweise nach Sichtweise und persönlichen Vorlieben – den Präfix Fan- oder Maga- voransetzen kann. Das ist eine ganze Menge. Interessante Frage, ob es der Handvoll Leute um Jörg „Budgie“ Baatzsch und Tom Weber einst bei der Produktion der Nummer 1 des „Besatzerfanzines“ in den Sinn gekommen ist, etwas derart Funktionierendes, Ausdauerndes, (Über-) Lebensfähiges erweckt zu haben. Darum ging’s aber ja gar nicht. Es ging um Bewegungsfreiheit. Um den Drang zur Äußerung. Darum, unter der Registriernummer 1893 beim Ministerium für Medienpolitik der DDR ein Heft produzieren, vervielfältigen, herausgeben zu können. Da war es auch schnuppe, wenn da längst nicht alles gepasst hat im Sinne von, ähem, Professionalität – ich erinnere mich noch gut an die Schmähung der „Messitsch“, die naserümpfend fragte, ob man den schon mal was von Raster gehört habe. Aber hey, „Messitsch“, was war das noch mal? Dead & gone seit ungezählten Jahren. Was haben wir gelacht. Basta.
Dies ist – wie schon gesagt – 76 Ausgaben her. Es gibt keine Registriernummer beim Ministerium für Medienpolitik der DDR mehr, sondern seit vielen, vielen Jahren verantwortliche Herausgeber im Sinne des Presserechts; die es übrigens – so viel Wahrheit muss sein – niemals wirklich einfach hatten. Mit diesem Ding Persona Non Grata, das sich immer irgendwie dagegen gewehrt hat, in die handelsübliche Medien-Normalität abzurutschen (was im Nachgang betrachtet jede Menge Missverständnisse mit sich brachte – mach mal einem gestandenen Popjournalisten klar, dass es so etwas wie einen CvD, eine klassische Redaktion, mithin diese ganzes Drumrum, ohne dies eine Heftproduktion nie vorstellbar erscheint, im PNG nicht gibt und nie wirklich gegeben hat). Verändert hat sich seitdem wirklich eine ganze Menge: Aus dem A5-Heftchen wurde ein A4-Heft, ein Chamäleon, das sich von Ausgabe zu Ausgabe auf schillerndste Art und Weise veränderte, auch ein Versuch, inhaltliche und produktive Professionalität mit der ganz eigenen Struktur und Funktionsweise der PNG in eine brauchbare Übereinstimmung zu bringen, fehlte nicht. Ein paar Mal sind die Dinge schief gegangen; die Möglichkeit des Scheiterns war von vornherein durchaus einkalkuliert. Eines ist immer gleich geblieben: Jedes Heft war für uns ein Sieg. Ein Sieg der eigenen Unabhängigkeit, der ausgeprägten Trotzigkeit, der bewusst ausgeprägt elitär gewählten Sicht der Dinge (da machte es natürlich richtig Spaß, irgend so einem daher gelaufenen Typen mit dem Brustton der Überzeugung auf die Aussage „So sieht also ein Klugscheißer-Heft aus.“ zu antworten: „Ganz genau, so sieht ein Klugscheißer-Heft aus.“) . Und ein Sieg über die scheinbar übermächtigen ökonomischen Zwänge und Realitäten – selbst wenn es das eigene Geld kostete.
Immerhin: Es waren nie die anderen, die uns getrieben haben. Getrieben haben wir uns lieber selbst. Wer kann so etwas sonst noch von sich behaupten? Und wir haben es in 77 Ausgaben und (fast) 20 Jahren geschafft, dem Prinzip Persona Non Grata irgendwie immer treu zu bleiben – vielleicht gerade deshalb, weil es für die Leute, die jetzt seit fünf oder acht, seit zehn oder zwölf, seit 15 oder 19 Jahren dabei sind, nicht einfach nur ein Heft, ein Job, halt irgendwas Belangloses in dieser Richtung war. Sondern ein Stück Lebensinhalt, ein soziales Projekt, wie es Freund Andreas Kohl mal umschrieben hat – bei allen Zäsuren, bei allen Streitereien, bei allen Problemen bis hin zum drohenden existenziellen Kollaps.
„Jedes Heft ein Sieg“ – diese Ausstellung im Leipziger MZIN will versuchen, ein wenig diese Geschichte von 77 Ausgaben und (fast) 20 Jahren zu erzählen. Darüber, wie dieses Heft mal in der Kellerdruckerei des Zoro gedruckt und in ausdauernder Handarbeit hergestellt wurde (Bastelstunden waren immer ein zwingender PNG-Begleiter) – beispielsweise. Über die kleinen und großen Besonderheiten, die dieses Ding Persona Non Grata schon immer auszeichnen und immer auszeichnen werden. Einfach, weil wir elende Trotzköpfe sind, hehe.
Die Ausstellung „Jedes Heft ein Sieg – 77 Ausgaben Persona Non Grata“ wird am Freitag, 15. Mai, 18 Uhr im MZIN, Paul-Gruner-Straße 64, eröffnet. Die PNG-Klicke ist anwesend und gesprächsbereit; das DJ-Team um Donis sorgt für Unterhaltung.
Am Samstag, den 16. Mai um 19 Uhr hält Simone Müller von der HGB Leipzig einen Vortrag über Fanzines und deren Ästhetik und zeigt ausgewählte – vorallem us-amerikanische – Beispiele.